Was ist Jiu Jitsu?

Das Wort "Jiu Jitsu" kennt man in der westlichen Welt schon seit vielen Jahrzehnten. Eine gängige Definition der Schriftzeichen ist: "Die japanische Kunst der waffenlosen Selbstverteidigung, wobei mit Hilfe von Hebeln, Würfen, Schlägen und Tritten die Kraft und das Gewicht des Gegners gegen ihn selbst gewendet wird."

Eine Definition von Sensei Takihiko Otsuka ist: "Buchstäblich bedeutet 'Jiu Jitsu' die Kunst oder Technik (Jitsu) der Geschmeidigkeit, der Flexibilität, der Sanftheit, der Biegsamkeit (Jiu)."

Die Geschichte des Jiu Jitsu

Wo genau die Wurzeln des Jiu Jitsu liegen, ist heute nur noch sehr schwer zu rekonstruieren. Was man jedoch weiß, ist, dass das Jiu Jitsu schon sehr lange Zeit eng mit der japanischen Samuraikultur verknüpft war. Im japanischen Mittelalter (vor 1600) gab es eine sehr lange Zeit, die geprägt war von immer wieder aufflammenden Kriegen zwischen rivalisierenden Samuraiklans. Während dieser Zeit verfeinerten die Krieger (Bushi) Japans ihre Kriegskünste (Bu Jitsu) bis zur Perfektion. Samurai wurden an verschiedenen Waffen ausgebildet. So war die wichtigste Waffe das Langschwert (Katana), das den Samurai als heilig galt. Sie wurden aber auch in Kriegskünsten wie zum Beispiel dem Bogenschießen, Lanzenkampf (Naginata) oder im Umgang mit dem Kurzschwert unterrichtet. Da es aber auch vorkommen konnte, dass die Samurai im Kampf ihre Waffen verloren oder diese unbrauchbar wurden, mussten sie sich ebenso ohne Waffen gegen Angreifer mit und ohne Waffen verteidigen können. Gleichermaßen war es ihnen nicht gestattet, am Hof von Fürsten (Daimyo) ihre Schwerter zu tragen. Man ist sich ziemlich sicher, dass sich hieraus die ersten Schulen des Jiu Jitsu entwickelten.

Eine der ältesten (schriftlich) bekannten Schulen ist die Takenouchi Ryu, die 1532 gegründet wurde. Obwohl diese Schule für ihr Jiu Jitsu bekannt ist, beinhaltet die Lehre dieser Schule auch die Unterweisung ihrer Schüler in anderen Künsten wie Ken Jitsu (Schwertkunst), Bo Jitsu (Stockkampf), Lanzenkampf (Naginata Jitsu), Fesseltechniken (Hojo Jitsu) oder "Erste-Hilfe-Techniken" (Sakkatsuho). Zusammen mit der Yoshin Ryu und der Ryori Shinto Ryu gilt sie als eine der drei einflussreichsten Schulen des Jiu Jitsu während der Edo Periode (1603 bis 1868).

Nach der blutigen Einigung des Landes mit der Schlacht unter Shogun Tokugawa Iejasu bei Sekigahara 1603 verlegte dieser die Hauptstadt Japans von Kyoto nach Tokyo, die damals Edo genannt wurde. Nach dieser Hauptstadt wurde die Zeit benannt, in der sich Japan fast gänzlich gegen Einflüsse aus anderen Ländern abschottete. Wohlstand, ein Aufblühen der Künste, des Handwerks, des Handels oder der Religionen sind einige der Kennzeichen für diesen über 250 Jahre andauernden Frieden. Auch die klassischen Kriegskünste (Bu Jitsu) entwickelten sich hier wesentlich weiter.

Nach der Öffnung des Landes durch die Amerikaner 1868 gerieten die Kampfkünste für kurze Zeit in Vergessenheit, um dann um die Jahrhundertwende herum zu einer neuen Blüte erweckt zu werden. In dieser Zeit wurden durch Männer wie Kano Jigoro oder Ueshiba Morihei aus dem Jiu Jitsu Kampfkünste wie Judo oder Aikido weiterentwickelt.

Nach Deutschland gelangte das Jiu Jitsu um etwa 1900 durch japanische Matrosen, die mit ihren Kriegsschiffen in Kiel zu Besuch waren. Bei einer Vorführung vor Kaiser Wilhelm II. war dieser so begeistert von der waffenlosen Selbstverteidigung, dass er das Jiu Jitsu für die Polizei in Berlin durch japanische Lehrer unterrichten ließ. Ein wichtiger Lehrer in dieser Zeit war Katsukuma Higashi.

Während des zweiten Weltkrieges war es dann verboten, japanische Kampfkünste zu lehren oder zu lernen, und erst ab den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts verbreiteten sich die japanischen Kampfkünste in Deutschland und Europa wieder weiter.

Ein Gründungsmythos des Jiu Jitsu

Ein Mythos zur Gründung des Jiu Jitsu geht auf Akiyama Shirobei zurück. Er soll während der Ming-Dynastie (1368-1662) mit der Absicht in China gewesen sein, Medizin zu studieren. Jeden Tag hörte er in der Nähe seines Zimmers sonderbaren Lärm. Als er sich nach dem Lärm erkundigte, sagte man ihm, dass es geheime Übungen seien.

"Er wollte gerne sehen, was das wäre, es wurde ihm jedoch nicht erlaubt zuzuschauen, ehe er selbst ein Schüler geworden wäre. Seine Neugierde wurde immer lebhafter, und er entschloss sich daher, lieber in diese Schule einzutreten, als Medizin zu studieren. Darauf übte er diese Kunst 3 Jahre lang und lernte 3 Arten von Griffen. Als er später nach Japan zurückkam und seine Kunst anderen Menschen lehren wollte, waren seine Schüler bald mit jenen 3 Griffen vertraut, und es wollte sich niemand weiter mit dieser Kunst beschäftigen. Shirobei entschloss sich daher, weitere Methoden zu ersinnen; er fastete 21 Tage lang im Tempel Dazai-Tenjin und vermehrte die Zahl der Griffe auf 300. Es war Winter, und am 21. Tage seines Fastens trat ein starker Schneefall ein: Als er in den Garten sah, waren fast alle Bäume unter der Last des Schnees gebrochen, nur der Weidenbaum wiederstand wegen seiner Elastizität, und daher soll er seine Methode Tenshin Shinjyo Ryu (die Weidenschule) genannt haben." (Miura 1889-1899, S. 274)

Unser Mon

Ein Mon ist traditionell ein Familienwappen, welches die Samurai auf Rüstungen, Kleidungen und Fahnen trugen, nicht zuletzt, um im Kampf auf dem Schlachtfeld Freund von Feind unterscheiden zu können.

Traditionelle Familienwappen sind häufig auch Bestandteil von Kampfkunstschulen, da sich diese oft innerhalb von Familien weiterentwickelt haben.

Unser Mon ist zum einen gebildet aus einem mit Pinsel geschriebenen Kreis (Enso), der die Verbindung zum Zen-Buddhismus abbildet. Es symbolisiert Erleuchtung, Stärke, Eleganz, das Universum und die Leere. Zum anderen ist das japanische Kanji für "3" abgebildet. Dies soll an den taoistischen Schöpfungsmythos erinnern, welcher besagt: "Aus der Eins entsteht die Zwei, aus der Zwei die Drei und aus der Drei alle Dinge." Zuletzt sind auf unserem Mon sieben Wellen symbolisiert, zum einen als Hinweis auf den See, zum anderen, weil im Jiu Jitsu viele Techniken fließend, weich und stetig ausgeführt werden, wie die sanften Wellen auf einem See. Die Zahl 7 soll dabei an die sieben Tugenden der Samurai erinnern: